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Werkswohnungen Teil I

Das Prinzip der Werkswohnungen blickt auf eine lange Erfolgsgeschichte zurück: Indem Betriebe ihren Arbeitnehmern eine Wohnung zur Verfügung stellen, machen sie sich als Arbeitgeber attraktiv – auch für qualifizierte Fachkräfte.

Die Zahl der Arbeiterwohnungen nahm nach der Wiedervereinigung stark ab. In Zeiten des akuten Fachkräftemangels und der dramatischen Lage auf dem deutschen Wohnungsmarkt rückt die Werkswohnung jedoch wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit. Denn sie verspricht Abhilfe für beide Probleme.

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Zeitalter der Industrialisierung boten Betriebe mit dem Prinzip der Werkswohnung nicht nur bezahlbaren Wohnraum, sondern eine Gemeinschaft.
  • Werkswohnungen setzen an zwei Stellen an: Sie helfen gegen die akute Wohnungsnot und machen einen Arbeitgeber attraktiv für Fachkräfte.
  • Ein Unternehmen kann frei entscheiden, wie viel Aufwand und Risiko es beim Wohnungsbau tragen möchte.
  • Der Bau von Werkswohnungen ist niemals ein Verlustgeschäft – nach einiger Zeit spielen die Mieten sogar Gewinne ein.

Die Historie der Werkswohnungen

Die Idee der Werkswohnungen kam zum ersten Mal im Zeitalter der Industrialisierung auf. [ads-pullquote-right]„Im Zeitalter der Industrialisierung boten Betriebe mit dem Prinzip der Werkswohnung nicht nur bezahlbaren Wohnraum, sondern eine Gemeinschaft.“[/ads-pullquote-right] Weil die Betriebe immer stärker expandierten, stieg auch der Bedarf an Arbeitern rasant an. Um ausreichend Arbeiter in die bereits vollen Städte zu locken, wurden ihnen Wohnungen zur Verfügung gestellt: die Werkswohnungen. Im 19. Jahrhundert fing zum Beispiel das Stahlunternehmen Krupp an, immer mehr Wohnraum für seine Angestellten zu schaffen. Mit der Größe des Unternehmens wuchs auch die Zahl der betrieblichen Unterkünfte immer weiter an. So entstanden ganze Siedlungen, die optimal auf die einfachen Bedürfnisse der Mitarbeiter abgestimmt waren. Das Konzept der Werkswohnung brachte damals zahlreiche Vorteile mit sich: Die Unternehmen konnten nicht nur Arbeiter in die Städte locken – dorthin, wo sie benötigt wurden. Sondern es gelang ihnen auch, die Arbeitnehmer fest an das Unternehmen zu binden. [ads-pullquote-left]„Im wirtschaftlichen Unternehmensalltag ist die Suche nach qualifizierten Fachkräften wichtiger denn je. Da spielen auch Punkte wie die attraktive und unkomplizierte Unterbringung der Belegschaft eine Rolle.“[/ads-pullquote-left]Denn zum einen hätte der Verlust des Arbeitsplatzes den Verlust der Wohnung bedeutet, und zum anderen solidarisierten die Arbeiter sich mehr mit ihrem Unternehmen. Denn es war nicht nur für ihr Gehalt zuständig, sondern sorgte auch für ihr Wohlbefinden. Großunternehmen wie Krupp oder Siemens bauten neben den Wohnungen für ihre Mitarbeiter auch Sportzentren und Schulen, schufen Einkaufs- und Vergnügungsmöglichkeiten. Dadurch entstand ein Gemeinschaftsgefühl: Der Kollege wurde zum Nachbarn, mit dem man abends sein Bier in der Stammkneipe um die Ecke trank.

Durch die Weltwirtschaftskrise flaute das Interesse an Werkswohnungen stark ab. Auch die Riesenbetriebe hatten immensen Schaden davongetragen und zogen sich immer weiter aus dem Wohnungsmarkt zurück, um sich mehr auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

Erst im Rahmen des Wiederaufbaus erreichte die Zahl der Werkswohnungen ihren bisherigen Höhepunkt. 1970 gab es in Westdeutschland geschätzte 450.000 Wohnungen für Mitarbeiter.

Mit der Wiedervereinigung entspannte sich der Wohnungsmarkt jedoch. Der Bedarf an billigem Wohnraum war nicht mehr so akut und das Konzept der Werkswohnung verlor an Attraktivität – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber.

Mitarbeiterwohnungen heute

Der entspannte Wohnungsmarkt erscheint heute, im Angesicht von horrenden Mieten, die immer weiter steigen, wie ein Traumgefüge. Es ist unbestreitbar: Deutschlands Wohnungsmarkt befindet sich in der Krise. Eine Studie des Pestel-Institus gab kürzlich bekannt, dass in Deutschland jährlich 400.000 neue Wohnungen benötigt werden. Vor allem in Ballungszentren wie Hamburg, Berlin oder München ist es heute nahezu unmöglich eine Wohnung in schöner Gegend zu einem angemessenen Preis zu finden.

Ein zweites, ebenfalls akutes Problem ist der Fachkräftemangel. Der Bedarf an qualifizierten Angestellten steigt stärker als das Angebot. Wer heute ein abgeschlossenes Studium oder eine fertige Ausbildung im technischen Bereich hat, kann sich seinen Arbeitsplatz aussuchen. Deshalb müssen die großen Betriebe um qualifiziertes Fachpersonal werben. Es gibt einen Wettkampf um die besten Angestellten, und kaum etwas kann potentielle Angestellte so sehr locken wie das Versprechen auf eine günstige Wohnung in guter Lage. Deshalb setzt das Prinzip der Mitarbeiterwohnung von heute gleich bei zwei akuten Problemen an: Indem Betriebe Werkswohnungen schaffen, sorgen sie für eine Entspannung des Wohnungsmarktes. Zeitgleich machen sie sich selbst attraktiv für qualifizierte Angestellte auf Jobsuche und schaffen sich so einen Wettbewerbsvorteil.

Das Grundkonzept – Sie bestimmen Risiko und Aufwand

Grundlegend gliedert sich der Prozess zur Werkswohnung in drei sehr simple Schritte: Zunächst braucht man eine geeignete Fläche. Dann erfolgt der Wohnungsbau. Und schließlich muss die Wohnung verwaltet werden.

Innerhalb dieser drei Schritte hat das Unternehmen einen großen Spielraum darin, wie das Projekt Werkswohnung umgesetzt werden soll. Sowohl Risiko als auch Aufwand sind variabel.

Das Unternehmen kann beispielsweise den Bau an ein externes Unternehmen abgeben und sich so den Aufwand des Wohnungsbaus sparen. Gleiches gilt auch für die Bewirtschaftung der Wohnungen. Daraus ergibt sich der Vorteil, dass sich das Unternehmen weiterhin auf sein Kerngeschäft konzentrieren und zeitgleich von Werkswohnungen im Wettbewerb um Mitarbeiter profitieren kann.

Andererseits kann das Unternehmen aber auch Bau und Verwaltung eigenständig organisieren und ausführen. Obwohl das deutlich mehr Aufwand für das Unternehmen bedeutet, kann es sich sowohl im Grad der Möglichkeiten als auch der Gewinne rentieren.

Wenn ein Unternehmen kein für den Wohnungsbau geeignetes Grundstück hat, kann es sich den Vorteil von Werkswohnungen sichern: Sowohl der Kauf einzelner Wohnungen als auch der Kauf eines Wohnhauses sind möglich.

Jedes Unternehmen kann also selbst bestimmen, inwieweit es involviert sein und insofern auch Aufwand und Risiko tragen möchte.

Die schwarze Null

Der Bau eines Wohnhauses ist ein sehr komplexes und aufwändiges Projekt, dem finanzielle Kalkulationen vorangehen müssen. [ads-pullquote-right]„Mit Hilfe der Mieteinnahmen kann das Unternehmen Zins und Tilgung abbezahlen, ohne ein Verlustgeschäft zu machen.“[/ads-pullquote-right] Für die Kalkulation einer Werkswohnung gilt ein grundlegender Gedanke: Ziel ist eine schwarze Null. Mit Hilfe der Mieteinnahmen kann das Unternehmen Zins und Tilgung abbezahlen, ohne ein Verlustgeschäft zu machen. Gleichzeitig gilt aber auch: Das Konzept der Werkswohnung ist zunächst nicht auf Gewinn ausgelegt. Zumindest nicht auf einen finanziellen Direktgewinn durch Mieteinnahmen.

Dass der Bau von Werkswohnungen auch finanziell für ein Unternehmen attraktiv sein kann, zeigt die modellhafte Kalkulation der Studie „Wirtschaft macht Wohnen“. Die Studie geht vom Bau eines Objektes mit 12 Wohneinheiten aus und kalkuliert für die gesamte Wohnfläche von 880m2 mit Kosten von 1,72–2,23 Millionen Euro – je nachdem ob das Unternehmen ein geeignetes Grundstück besitzt oder erwerben muss.

Bei einem Eigenkapital von 20% ist das Unternehmen nach ungefähr 39 Jahren schuldenfrei. So lange bezahlt es Zins und Tilgung mit der eingenommenen Miete ab, ohne Verluste zu schreiben. Und ab dann beginnt das Unternehmen sogar, Gewinne zu verzeichnen.

Fazit

Die Werkswohnung bietet für Unternehmen eine attraktive Lösung für zwei immense Probleme: Durch gezielten Wohnungsbau geht sie gegen die Krise auf dem deutschen Wohnungsmarkt vor. Und durch das Anbieten von Wohnraum macht sich ein Unternehmen für potentielle Angestellte attraktiv und hat so einen Wettbewerbsvorteil.

Die Realisierung einer Werkswohnung ist sehr flexibel gestaltbar. Umso wichtiger ist es, sich vorab über alle Möglichkeiten zu informieren. Einen ersten Überblick finden Sie in dieser Artikelreihe.

Weitere Teile dieser Reihe

Autorin Sarah Völkl

Sarah Völkl hat Architektur studiert und ist seit Jahren das Gesicht von a better place. Mit ihren Videos ist sie bei YouTube vielen Personen schon länger bekannt. Sarah teilt Ihr Wissen jetzt auch bei den Bautipps von Almondia.

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