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Klein, aber oho: das XXS-Haus

Muss man als Single in einer (Miet-)Wohnung wohnen? Ist ein Haus im Grünen zu geräumig für ein Paar? Was tun, wenn das Grundstück viel zu klein für einen großzügigen Bungalow ist? Unsere Antwort: Ein kleines Haus intelligent planen und jeden Quadratmeter sinnvoll nutzen! Im Interview erklärt uns der Architekt André Heuchling, wie Raum und Kosten eingespart werden können, sodass man auch ohne große Familie auf das eigene Grün vor der Haus nicht verzichten muss.

Beispiel XXS-Haus

Herr Heuchling, der moderne Mensch in Deutschland braucht mehr Wohnraum als früher. Ist das mit einem kleinen Haus überhaupt kompatibel?

Zunächst einmal kann das Bedürfnis nach mehr Wohnraum immer hinterfragt werden. Was genau ist das “mehr” an Wohnraum? Ein Gästezimmer oder ein Büro? Wie wichtig ist einem die Größe der Küche und kann man Zimmer vielleicht mehrfach nutzen? Kann der liebe Gast auch im Wohnzimmer auf der Couch schlafen? Und: wohnt man in der Stadt und ist der Typ für einen Co-Working-Space und kann sich das hauseigene Büro sparen? Werden beide Räume dennoch gebraucht, kann man diese eventuell zusammenlegen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Größe. Räume, in denen ich mich oft und lange aufhalte, ob Büro oder Küche, sollten geräumiger sein. Das Schlafzimmer ist ein Ort zum Schlafen und kann durchaus kleiner ausfallen.

Was ist mit Räumen, die der Mensch tatsächlich braucht. Der Abstellraum, der Keller? Muss ich im kleinen Haus darauf verzichten?

Sollten Sie sich tatsächlich für ein kleines Haus entscheiden, müssen Sie zwangsweise Abstriche machen. Ständiges Ausmisten gehört sicherlich dazu. Wozu dann die Abstellkammer? Der Besen und Wäscheständer können auch in einem kompakten Schrank im Flur aufbewahrt werden. Kann man sich von der Idee der Abstellkammer nicht trennen, bietet der Raum unter Treppe Platz dafür. Ebenso sind Einbauschränke entlang der Schrägen, gewendelte oder zweiläufige Treppen mit Zwischenpodest platzsparend.

Keller haben ihre Bedeutung des Lagerraums längst verloren.

Heute muss der Keller genauso isoliert sein wie das Haus, ist also oft nicht weniger kühl und trocken. Der unterirdische (meist sehr teure) Raum lässt sich super durch die Garage oder den Dachboden ersetzen. Die Waschmaschine kann im Bad angeschlossen werden. Das macht auch mehr Sinn, da die saubere Wäsche in der Regel nicht im Keller, sondern in den oberen Räumen gebraucht wird.

Ein offener Grundriss oder Flure, aus denen viele kleine Räume abgehen? Welcher Grundrisstyp ist für das kleine Einfamilien-/ Singlehaus geeignet?

Ein offener Grundriss wirkt großzügiger, der Flurtyp schafft mehr Privatsphäre. Wohnen Sie allein oder mit nur einer weiteren Person im Haus, ist es sicherlich sinnvoll, sogenannte unnötige Verkehrsflächen zu vermeiden. Flure nehmen irrsinnig viele Quadratmeter in Anspruch und haben dabei kaum Nutzen, weil sie tatsächlich nur als Durchgangsräume genutzt werden. Man bleibt selten stehen im Flur.

Wohnküche im offenen Grundriss
Geräumige Wohnküche trotz Platzmangel – ein offener Grundriss spart Fläche

Ein Schrank als Aufbewahrungsgegenstand ist häufig zu sperrig. Man muss nicht unbedingt einen Flur betreten, wenn man die Eingangstür aufmacht. Ein Wohn-Essraum, von dem die privaten Räume oder die Treppe ausgehen, ist die platzsparendste Variante. Bei ein bis zwei Hausbewohnern können die Zimmer mehrfach genutzt werden. Ein offener Grundriss (im Sinne eines Lofts) ist also vorstellbar, da sich nicht so viele Personen in die Quere kommen. So werden Quadratmeter eingespart.

Familiäre Konstellationen verändern sich jedoch im Laufe der Zeit. Die Wohngemeinschaft kann sich von zwei auf mehr Personen erweitern. Was muss beachtet werden, wenn ein Ausbau in Zukunft notwendig scheint?

Sollten Veränderungen in der Familienkonstellation zu erwarten sein, ist es sicher sinnvoll größere Räume zu planen, die später durch Trennwände unkompliziert separiert werden können. Sollte sich die Familie wieder verkleinern, kann man diese wieder herausnehmen. Die Decke eines Bungalows, der nach oben ausgebaut werden soll, sollte eine Holzkonstruktion sein, so lässt sie sich leicht durchbrechen. Der Platz für die zukünftige Treppe sollte natürlich schon im voraus bedacht werden.

Bei größeren Familien, die eher wenige Quadratmeter zur Verfügung haben, ist mein Tipp generell: Machen Sie die Flure zumindest im Erdgeschoss überflüssig!

Wenn das Wohnzimmer die Verkehrsfläche ist, spart das sehr viel Fläche ein. Offene Wohnküchen sind bei einer großen Personenanzahl (und vor allem bei neugierigen Kindern) ohnehin die beste Wahl, bietet allen Platz und lässt alle Familienmitglieder am Alltag und am Kochen teilhaben. Wer mehr Privatsphäre braucht, lässt sich Schiebetüren ins Wohnzimmer einbauen und kann so nach Bedarf einzelne Bereiche abschirmen.

Sind große Gemeinschaftsräume nicht eingeplant gewesen, kann man mit ein Paar Tricks den Raum größer wirken lassen, mit hellen Farben, einer großen Terassentür, die das Wohnzimmer optisch nach draußen öffnet, Sitzbänke vor den Fenstern, wo sich normalerweise die Heizung befindet  (und statt einer herkömmlichen – eine Fußbodenheizung!), machen die große Couch überflüssig.

Jeder Quadratmeter, jedes Fenster und jede Tür bedeutet mehr Kosten. Haben Sie Tipps, an welcher Stelle ein Fenster eingespart werden kann? Brauche ich einen Balkon?

Fenster haben drei Funktionen: Sie sorgen für Licht, frische Luft und einen Ausblick. Deshalb hier die Hierarchie der Räume beachten: Wo halte ich mich am meisten auf? Wo benötige ich die frische Luft und den besten Lichteinfall? Es ist tatsächlich so, dass größere Fenster höhere Kosten mit sich bringen und deshalb bedacht eingesetzt werden sollten. Also: große Fenster in die Aufenthaltsräume, kleine in den Schlafbereich.

kleines Fenster mit Blick auf die Berge
Kosten sparen mit kleinen Fenstern – Räume, die nur zum Schlafen genutzt werden, brauchen nicht viel Licht

Ein Abstellraum braucht keine Fenster, eine Festverglasung der Panoramafenster im Treppenraum spart ebenfalls Geld! Außerdem sollten andere Kostenfallen bedacht werden: ein Erker ist zwar hübsch, aber sehr kostenaufwendig, ebenso der Keller. Im Falle eines Balkons oder einer Dachterrasse sollte ebenfalls bedacht werden, ob der Garten diese Annehmlichkeit genauso gut ersetzen kann.

Ein kleines Haus bedarf vermutlich individueller Ausführung. Es kostet aber hoffentlich weniger Geld. Und schließlich ist es auch übersichtlicher und der Putzaufwand ist geringer. Welche Vorteile hat ein kleines Haus noch gegenüber einem großen?

Das sind schon sehr wichtige Vorteile. Es gibt jedoch (zur Zeit) vergleichsweise wenige XXS-Häuser in der Fertighausvariante. Das sorgt leider auch dafür, dass diese Häuser nur bedingt weniger Planungskosten mit sich bringen. Die Ersparnis bei den Erhaltungskosten ist jedoch enorm. Ein kleines Haus bedeutet weniger Energieverbrauch. Nicht zu unterschätzen sind die kürzeren Wege, die man im eigenen Haus zurücklegt. Außerdem ist ein kleines Haus meist die einzige Variante sein eigenes Reich auf einem besonders kleinen (und günstigen!) Grundstück zu errichten.

Sind Modularhäuser (tiny houses) geeignet, um die hohen Planungskosten zu umgehen?

Tiny houses sind sicherlich eine gute Variante. Aber auch hier gilt: Kosten werden nur dann gespart, wenn man das Haus so nimmt, wie es vorgefertigt wurde. Der Umbau eines solchen Haus ist leider noch mit hohen Umbaukosten verbunden. Außerdem sollten auch die Transportkosten eingerechnet werden!

Auch das kleinste Haus schützt nicht vor einer Baugenehmigung, da es dem Aufenthalt dient. Gibt es baurechtlich Einschränkungen, was kleine Häuser auf dem Grundstück angeht?

Auf einem kleinen Grundstück läuft man natürlich Gefahr, dass die überbaubare Grundstücksfläche für ein Haus nicht geeignet ist. An dieser Stelle ist das Bauamt die richtige Anlaufstelle, am besten mit Unterstützung in Form einer Baufirma oder eines Architekten!

Wer ein kleines Haus baut, möchte häufig günstig bauen, auch wenn die Planungskosten erstmal höher ausfallen. Wird es günstiger, wenn der Bauherr mehr Eigenleistung erbringt? Ersetzt Fleiß das Geld?

Natürlich können einige Gewerke in Eigenleistung erbracht werden und damit die Baukosten insgesamt gemindert. Dabei sollte allerdings darauf geachtet werden, ob einerseits die nötigen Fähigkeiten vorhanden sind, andererseits Bauherren auch die nötige Arbeitszeit investieren möchten. Denn auch der Bau eines kleinen Hauses erfordert eine gewisse Zeitanstrengung. Ein Carport kann allerdings sehr gut selbst errichtet werden und ist zudem kostensparender als eine Garage. Auch die Terrasse als Erweiterung des kleinen Hauses nach draußen kann selbst ausgelegt werden. Im Sommer verlagert sich das Wohnzimmer dorthin, im Winter kann man wunderbar Dinge kühl lagern.

XXS-Häuser sind also besonders für kleine Grundstücke geeignet, auf denen ein normales Einfamilienhaus aufgrund der baurechtlichen Einschränkungen nicht umgesetzt werden kann. Ist ersteres clever und vorausschauend geplant, steht es letzterem bezüglich Wohnkomfort in nichts nach. Anfangs fallen bei sehr kleinen Häusern zwar höhere Planungskosten an, durch die kleinere Wohnfläche sind die Betriebskosten im Vergleich zu normalen Häuser aber auch weitaus geringer.

Autorin Sarah Völkl

Sarah Völkl hat Architektur studiert und ist seit Jahren das Gesicht von a better place. Mit ihren Videos ist sie bei YouTube vielen Personen schon länger bekannt. Sarah teilt Ihr Wissen jetzt auch bei den Bautipps von Almondia.

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