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Barrierefreiheit beim Bauen und Wohnen

“Barrierefreiheit – was interessiert mich das?!”, ist die Reaktion vieler, die das erste Mal mit dem Thema in Berührung kommen. Die Meinung, dass barrierefreies Bauen und Wohnen lediglich Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder gebrechliche Hochbetagte betrifft, ist weit verbreitet. Es ist klar, dass bestimmte Lebenssituationen und körperliche Einschränkungen durch Krankheit, Alter oder Behinderung den Verbleib in der eigenen Wohnung ohne Anpassung der baulichen Strukturen schwierig bis unmöglich machen. Wie wichtig das Thema Barrierefreiheit ist, merkt man jedoch auch, wenn man beispielsweise selbst aufgrund eines gebrochenes Beins vorübergehend mit Bewegungseinschränkungen zu kämpfen hat. In der Praxis zeigt sich darüber hinaus, dass Familien mit kleinen Kindern oft ähnliche Anforderungen an Wohnungen stellen wie ältere Menschen: Jungfamilien mit Kinderwagen lernen schwellenlose Zugänge und ausreichend große Bewegungsflächen innerhalb der Wohnung rasch zu schätzen. Niedriger zu stellende Waschbecken erleichtern sowohl Kindern als auch Menschen im Rollstuhl die tägliche Morgentoilette. Barrierefrei wohnen unterstützt also die Selbstständigkeit in jedem Alter und ist somit eine Frage, die früher oder später für uns alle von Bedeutung ist.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die barrierearme Gestaltung des eigenen Wohnbereichs unterstützt eine selbstständige Lebensführung in jedem Alter und in unterschiedlichen Lebenssituationen.
  • Bereits beim Hausbau bzw. -kauf sollten spätere gesundheitliche Bedürfnisse und Einschränkungen mitgedacht und die entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden.
  • Ausreichend Bewegungsfläche und eine entsprechende Anordnung der Wohnungsausstattung sind wesentliche Voraussetzungen für eine barrierefreie Gestaltung.

Der Barrierefrei-Begriffsdschungel

Wenn man vom Thema barrierearmes Bauen und Wohnen spricht, lohnt es sich, zuerst einmal den Begriff „Barrieren” genauer unter die Lupe zu nehmen: Dieser umfasst einerseits bauliche Hindernisse wie Stufen oder Schwellen, andererseits fehlende Einrichtungen wie Haltegriffe oder Rampen sowie eine hinderliche räumliche Anordnung der Wohnungsausstattung. Im Immobilienjargon findet man unterschiedliche Begriffe zum Thema Barrierefreiheit mit den Endungen -frei, -arm, -gerecht, -freundlich etc. Doch wo genau liegen nun die Unterschiede und welche Anpassungen sind sinnvoll? Am schwammigsten sind wohl die Ausdrücke „altersgerecht” und „seniorenfreundlich”, die nicht eindeutig definiert sind und in vielen Fällen zu reinen Werbezwecken gebraucht werden.

Eine „barrierefreie” Wohnung ist frei von Schwellen und verfügt in den meisten Fällen über entsprechend breite Türen, um diese mit dem Rollstuhl passieren zu können. Allerdings müssen barrierefreie Wohnungen nicht unbedingt uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein. Aus diesen Gründen hat sich in den letzten Jahren auch der Begriff „barrierearm” etabliert, da eine vollkommen barrierefreie Wohnung eher zu den Ausnahmefällen zählt. Eine solche komplett „rollstuhlgerechte” Wohnung erfordert großzügig dimensionierte Bewegungsflächen, um nicht bei jeder Drehbewegung Gefahr zu laufen, irgendwo anzustoßen oder Dinge umzuwerfen. Auch unterfahrbare Tische und Ablagen sowie entsprechende Sanitäranlagen sind wesentliche Voraussetzungen für eine selbstständige Bewältigung des Alltags im Rollstuhl. Rollstuhlgerechtes Bauen hat also auch mit der Erreichbarkeit und Bedienbarkeit aller Einrichtungen zu tun und zielt auf jene Menschen ab, die dauerhaft an den Rollstuhl angewiesen sind.

Vorausschauendes Planen spart Kosten, Zeit und Mühe

Es lohnt sich also, dem Thema barrierearmes Bauen und Wohnen nicht erst im Ernstfall Aufmerksamkeit zu schenken, sondern es bereits beim Hausbau bzw. -kauf zu berücksichtigen. Die baulichen Maßnahmen sollten möglichst von Anfang an nicht nur auf vorhandene, sondern auch auf erwartbare gesundheitliche Bedürfnisse und Probleme abgestimmt werden. Entsprechende Vorkehrungen wie beispielsweise ausreichend dimensionierte Sanitärräume oder gerade, breite Treppen erleichtern die nachträgliche Anpassung bzw. Aufrüstung einer Wohnung wesentlich. Diese Vorkehrungen und Investitionen sparen im Nachhinein viel Geld und Nerven und ermöglichen es den Betroffenen, möglichst lange ein selbstständiges Leben in der gewohnten Umgebung zu führen. Eine rechtzeitige Anpassung der eigenen Wohnung kann außerdem (Sturz-)Unfällen vorbeugen und den Alltag betagterer Bewohner wesentlich erleichtern. Da besonders für ältere Menschen der Verbleib im vertrauten Wohnumfeld eine essentielle Voraussetzung für eine hohe Lebensqualität darstellt, sollten auch Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Pflegeleistungen innerhalb der eigenen vier Wände mitgedacht werden.

Doch wie lassen sich Barrieren denn nun konkret abbauen und die einzelnen Räume in der Wohnung tatsächlich barrierefrei bzw. rollstuhlgerecht gestalten? Lesen Sie hier mehr über Umbau- und Anpassungsmöglichkeiten in den verschiedenen Wohnungsbereichen.

Hauseingang

Ein barrierearmer Haus- bzw. Wohnungszugang stellt eine entscheidende Voraussetzung für die selbstständige Bewältigung des Alltags dar. Der Zugangsweg sollte ausreichend breit, befestigt und gut beleuchtet sein. Dies gilt auch für den Hausvorbereich, der im besten Fall zudem witterungsgeschützt ist und überdachte Abstellflächen für Rollstühle oder Kinderwägen bietet. Neben einem schwellenfreien Zugang ohne Stufen und Absätze ist vor allem ein einfaches Öffnen der Haustür wesentlich. Für bewegungseingeschränkte und körperlich schwache Menschen empfehlen sich automatische Türsysteme oder elektronische Schlösser mit Funkfernbedienung. Ist der Zugang über eine Treppe nicht vermeidbar, sollte diese mit Rampen und Handläufen sowie einem rutschfesten Belag ausgerüstet sein. Niveaugleiche Bodenmatten und -gitter mindern die Stolpergefahr. Auch eine einfach auffindbare Haustürklingel, deren Klingelton im gesamten Haus hörbar ist, stellt eine Erleichterung für Besuchende und Besuchte dar. Bei Schwerhörigkeit kann diese mit Lichtsignalen kombiniert werden.

Kosten für die Errichtung einer festen Rampe: aus Beton oder Stein mit Stützmauer, einschließlich Montage ab 650 Euro pro lfd. Meter

Kosten für eine mobile Metallrampe: faltbar und längenverschiebbar bis 3 m ab 850 Euro

Kosten für eine Eingangstür mit Drehtürantrieb, Elektroanschluss und Schlüsseltaster: ca. 2.500 Euro (Montagelohnanteil: ca. 300 Euro)

Türen und Türschwellen

Durchgänge und Türen innerhalb der Wohnungen sollten eine Breite von mindestens 80 cm aufweisen. Für eine uneingeschränkte Nutzung mit dem Rollstuhl empfiehlt sich eine Durchgangsbreite von mindestens 90 cm. Türschwellen, die höher als 2 cm sind, sollten entfernt bzw. mit Türschwellenrampen oder Rampenstecksysteme ausgestattet werden. Dazu gilt es, leicht bedienbare Türgriffe in passender Höhe anzubringen. Elektrische Türantriebe bzw. automatisierte Türsysteme, mit denen man sowohl Drehflügel- als auch Schiebetüren nachrüsten kann, erleichtern darüber hinaus die Mobilität innerhalb der Wohnung.

Kosten für Türverbreiterungen (inkl. Türblatt und -rahmen): in einfacher Ausführung in 12 cm starken Wänden, einschließlich Montage in gemauerten Wänden ab 800 Euro / in Betonwänden ab 650 Euro / in Gipskartonwänden ab 400 Euro

Kosten für den Einbau von Schiebetüren (inkl. Türblatt und -rahmen): in einfacher Ausführung in 12 cm starken Wänden, einschließlich Montage in gemauerten Wänden ab 950 Euro / in Betonwänden ab 800 Euro /  in Gipskartonwänden ab 650 Euro

Kosten für einen elektrischen Drehtürantrieb mit Sensorschienen: ohne Montage, ab 1.900 Euro

Kosten für einen elektrischen Schiebetürantrieb: ohne Montage, ab 2.200 Euro

Kosten für eine mobile Schwellenrampe: ab 560 Euro

Treppen und Stufen

Um das selbstständige Gehen möglichst lange zu unterstützen, sollten entsprechende Sciherheitsvorkehrungen getroffen werden. Beidseitige Handläufe erleichtern den Treppenaufstieg, wodurch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gefördert wird. Bei eingeschränkter Gehfähigkeit empfehlen sich Treppenlifte mit Sitz bzw. deckenmontierte Liftsysteme (als Sitz- oder Rollstuhllift), wenn die Montage an der Treppe oder an der Wand nicht möglich ist. Ist die betroffene Person auf den Rollstuhl angewiesen, ermöglichen Treppensteiggeräte, unter Inanspruchnahme der Hilfe einer anderen Person, das Hinauf- und Hinunterfahren der Treppe. Plattform- oder Treppenlifte mit Rollstuhlaufhängung hingegen stellen eine Möglichkeit dar, um Treppen selbstständig mit dem Rollstuhl zu überwinden. Dafür muss die Treppe jedoch ausreichend breit sein.

Kosten für einen Handlauf: aus Stahl- oder Aluminiumrohr mit taktilen Elementen (nach DIN-Norm und gesetzlichen Vorgaben) einschließlich Montage ab 330 Euro pro lfd. Meter

Kosten für eine Hebebühne: 80 cm, ca. 8.900 Euro (Montagelohnanteil: ca. 900 Euro)
Kosten für einen Treppensitzlift: für eine gerade Treppe ca 4.000 Euro, für eine Treppe mit 90° Kurve ab 10.500 Euro (Montagelohnanteil: ca. 1.100 Euro), für eine Treppe mit 180° Kurve ab 12.300 Euro (Montagelohnanteil: ca. 1.300 Euro)

Kosten für einen Treppenplattformlift: für gerade Treppe, Grundpreis 5 m Lauflänge, Innenraum ab 13.800 Euro, mit 90° oder 180° Kurve ca. 17.000 Euro (Montagelohnanteil ca. 3.100 Euro)

Ambient Assisted Living (AAL)

Wohnbegleitende Assistenzsysteme und damit verbundene Dienstleistungen spielen – neben baulichen Veränderungen – eine immer wichtigere Rolle. Sie unterstützen die Bewohner dabei, ein selbstständiges Leben zu führen. Durch die schrittweise Installation von Modulen kann die Wohnung je nach Alter oder Beeinträchtigung adaptiert werden und somit quasi „mitaltern”: Das System wird laufend ergänzt und an Veränderungen der Lebenssituation angepasst. Hausnotrufsysteme, über die im Notfall per Knopfdruck Hilfe herbei gerufen werden kann, zählen zu den bekanntesten Modulen. Intelligente Bewegungssensoren und Sturzmelder erkennen einen Notfall sogar von sich aus und lösen den Notruf automatisch aus. AAL Systeme sind häufig an telemedizinische Dienste und Programme zur Vitaldatenüberwachung gekoppelt. Bei Bedarf können auch Sozialdienste oder medizinisches Personal miteinbezogen werden. Sie verfügen darüber hinaus über eine Vielzahl an Angeboten, die dem Komfort- und Sicherheitsbedürfnis dienen, wie beispielsweise automatische Herdabschaltungen und Wasser-Stopp-Syste­me für überlaufende Badewannen oder Waschbecken bis hin zu Schutzmaßnahmen gegen Einbrüche. Zudem bieten sie eine Reihe von Hilfestellungen im alltäglichen Leben, wie etwa die Steuerung der Belichtungsverhältnisse oder der Raumtemperatur zur Erhöhung des Wohnkomforts.  

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