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Tapezierfertig

Bei jedem Umzug stehen meistens auch immer Renovierungsarbeiten in der alten Wohnung an. Wenn alle Konzentration bereits auf dem neuen Domizil liegt, ist das oft lästig. Sowohl die neuen und die alten Wohnräume betreffend kann in diesem Zusammenhang das Attribut tapezierfertig oder tapezierfähig auftauchen. Auch wenn das Wort oft selbsterklärend aufgenommen wird, ist es oft nicht vollends klar, was dieser Begriff genau meint. In Mietverträgen wird er öfter unter der sogenannten Tapetenklausel angesprochen – diese wurde allerdings für unwirksam erklärt.

Das Wichtigste in Kürze:

Tapezierfertiger Untergrund eigent sich für Raufasertapeten, aber nicht für alle Tapetentypen.

Die Tapetenklausel in Mietverträgen hält fest, dass Mieträume tapezierfertig übergeben werden müssen – sie wurde vom Bundesgerichtshof gekippt.

Das Attribut “tapezierfertig” entspricht in Fachkreisen dem Standard Q2. Insgesamt gibt es vier Qualitätsstufen für Spachtelarbeiten (s.u.)

Was bedeutet tapezierfertig?

„Tapezierfertig“ oder „tapezierfähig“ bedeutet, dass der Untergrund der Wände von alten Tapeten gereinigt und für das Auftragen neuer Tapeten hergerichtet wurde. Nach dem vollständigen Entfernen aller Tapetenrückstände muss der Untergrund dafür auch grundiert und gespachtelt werden. Der neue Bewohner bzw. der Besitzer kann dann direkt neue Tapeten auftragen. Aber Achtung! Das gilt vor allem für Raufasertapeten, denn die verzeihen kleinere Unebenheiten der Wände. Für hochwertige Designertapeten oder Glanztapeten muss ein taperzierfertiger Untergrund in der Regel nachbearbeitet werden. Das läuft auf Grundierung, Dispersionsanstriche und Spachtelarbeiten hinaus. Auch wenn die Wände ohne Tapeten gestrichen werden sollen, fallen für gewöhnlich zusätzliche Spachtel- und Grundierungsarbeiten an. In der Fachwelt ist mit dem Standard Q2 “tapezierfähig” gemeint. Q2 ist eine von vier Qualitätsstufen von Spachtelarbeiten. Die Qualitätsstufen wurden vom Bundesverband der Gipsindustrie e. V. und dem Eurogypsum (Europäischer Verband der Gipsindustrie) erstellt.

Qualitätsstufen Spachtelarbeiten

Q1 – Grundverspachtelung: Q1 ist ausreichend, um Fliesen zu legen. 

Q2 – Standardverspachtelung: Spachtelgrate, Fugen und Stoßkanten dürfen nicht sichtbar sein. Befestigungsmittel wie Schrauben müssen entfernt bzw. mit Spachtel abgedeckt werden. Glatte und stufenlose Oberflächen sind gegeben. Die Wände sind tapezierfertig für Raufasertapeten und fertig fürs Auftragen von Dispersionsfarben. Mehrere Arbeitsschritte erforderlich: erster Auftrag von Spachtelmasse (wie in Q1), Nachspachteln mit Feinspachtel, gegebenenfalls Schleifen von sichtbaren Übergängen und Graten. 

Q3 – Sonderverspachtelung: Grundlage bildet Q2, zudem werden Fugen ausgespachtelt, die gesamte Oberfläche abgezogen, Strukturen durch Schleifen geglättet. Nach DIN 18340 gilt diese Stufe als besondere Leistung. Eignet sich auch als Grundlage für nicht strukturierte Anstriche sowie Glanz- und Designertapeten. 

Q4 – vollflächige Verspachtelung: vergleichsweise hoher Arbeitsaufwand (Spachtel- und Schleifarbeiten), um jegliche Störungen in der Oberfläche auszuschließen. Eignet sich für Lasuren, jegliche Anstriche, glänzende Beschichtungen sowie Metall- und Vinyltapeten.

Tapetenklausel gekippt

Früher geisterte die sogenannte Tapetenklausel durch die Mietverträge und verursachte Schweißausbrüche bei Mietern. Die Tapetenklausel besagte, dass der Mieter bei Auszug alle angebrachten oder vom Vormieter angebrachten Tapeten zu entfernen hat. Eine tapezierfertige Übergabe war hierbei das Stichwort. Das ist ein beachtlicher Arbeits- oder Kostenaufwand. Aber dieses Schreckgespenst gehört der Vergangenheit an. Wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters wurde die Tapetenklausel vom Bundesgerichtshof für unwirksam erklärt. Sie können sich also sicher sein, dass sie Mieträume in keinem Fall tapezierfertig zu übergeben haben – auch wenn dies in Ihrem Mietvertrag festgehalten ist. (Übrigens: Die Rechte von Bauherren werden durch Das neue Werkvertragsrecht besser geschützt.)

Pflichten des Mieters beim Auszug

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von wiederkehrenden Fragen, die beim Auszug immer wieder die Gemüter beschäftigen. In erster Linie ist dazu anzumerken, dass die Inhalte des Mietvertrags regeln, was der Vermieter vom Mieter verlangen kann. Verlassen kann man sich also weniger auf allgemeine Aussagen als auf den konkreten Vertragstext. Aber auch der Vertrag sollte im Lichte der bestehenden Grundsatzurteile des Bundesgerichtshofs gelesen werden – denn wenn er diesen zuwider ist, können bestimmte Klauseln als hinfällig betrachtet werden. (Sie wollen selbst vermieten? Dann interessiert Sie vielleicht unser Artikel Einliegerwohnung bauen.)

Schönheitsreparaturen

Zu beachten ist, dass entgegen dem Alltagsverständnis auch Schönheitsreparaturen prinzipiell Aufgabe des Vermieters sind. Erst eine entsprechende Vertragsklausel macht daraus eine Pflicht des Mieters. Wenn es also keine explizite Klausel zu den Schönheitsreparaturen gibt, muss der Mieter sie auch nicht durchführen.

Auch bei zu starren Klauseln ist nicht immer eine rechtsgültige Pflicht des Mieters zu Schönheitsreparaturen gegeben. Zum Beispiel, wenn die Vertragsklausel pauschal besagt, dass der Mieter ohne Berücksichtigung des Zustands der Wohnung immer streichen muss. In einem solchen Fall kann der Vermieter in vielen Fällen den Mieter nicht dazu verpflichten, zu streichen. Auch gab der Bundesgerichtshof in Grundsatzurteilen den Mietern Recht: Bei Wohnungen, die bei Einzug unrenoviert an den Mieter übergeben wurden, können bei Auszug keine Schönheitsreparaturen verlangt werden. (Warum sich Familie Steinert zum Umzug aus einer Mietwohnung in ein eigenes Haus entschieden hat, erfahren Sie in unserem Hausbau-Tagebuch.)

Autorin Sarah Völkl

Sarah Völkl hat Architektur studiert und ist seit Jahren das Gesicht von a better place. Mit ihren Videos ist sie bei YouTube vielen Personen schon länger bekannt. Sarah teilt Ihr Wissen jetzt auch bei den Bautipps von Almondia.

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