Beim Hausbau entscheiden sich viele Bauherren gerade wegen ökologischen Argumenten für den Baustoff Holz. Und tatsächlich ist die Verwendung von Holz beim Hausbau sowie in anderen Bereichen ökologisch sinnvoller als die Verwendung von Alternativmaterialien (wie z. B. Kunststoffen oder Aluminium). Aber wie steht es um den generellen Umgang der Wirtschaft mit dem Rohstoff Holz in den vielen Anwendungsbereichen? Beispielsweise wird bereits oft auf regionale Bestände gesetzt, um lange Transportwege zu vermeiden. Es lässt sich aber noch wesentlich mehr tun! Gerade beim Rohstoff Holz kann mit einer effektiven Kaskadennutzung noch viel geleistet werden. In der Aktualität liegt dieses Potenzial noch weitgehend brach.
Das Wichtigste in Kürze
- Kaskadennutzung ist die Mehrfachnutzung eines Rohstoffs in aufeinanderfolgenden Stufen – so können Rohstoffe optimal genutzt werden, bevor sie entsorgt bzw. zu Zwecken der Energiegewinnung verbrannt werden.
- Altholz, das für weitere stoffliche Nutzungen sehr gut in Frage kommt, wird oft entsorgt. Möglichst viele Kaskaden bei der Nutzung von Holz durchzuführen heißt hingegen, den Rohstoff effizient zu nutzen.
- Das Potenzial der Kaskadennutzung ist hinreichend bekannt – leider fehlt es immer noch am Umsetzungswillen.
Was ist Kaskadennutzung?
Begrifflich wird unterschieden zwischen:
Einstufige Kaskade: der Rohstoff wird vor energetischer Verwertung einmalig stofflich verwertet.
Mehrstufige Kaskade: der Rohstoff wird mindestens zweimalig stofflich verwertet,
Eine Kaskadennutzung ist die Mehrfachnutzung eines Rohstoffs in aufeinanderfolgenden Stufen. Es handelt sich hierbei um Biomasse-Rohstoffe, die in möglichst vielen aufeinanderfolgenden stofflichen Anwendungen verwendet werden können, bevor sie entsorgt werden. Beispielsweise kann der Rohstoff Holz oft mit geringem Aufwand zur Aufbereitung problemlos von einer stofflichen Nutzung (etwa Hausbau) zur anderen (etwa Möbelbau) übergehen. Der nachhaltige Nutzwert, der aus einer guten Kaskadennutzung gezogen wird, ist groß.
Kaskadennutzung hat vor allem im Holz-, Textil-, Kunststoff- und Papiersektor ein großes Potenzial hinsichtlich der Effizienz im Umgang mit Ressourcen. Obwohl eine entsprechende Theorie und Praxisanleitung bereits seit den 1990er Jahren kursiert, steht eine umfangreiche Implementierung noch am Anfang.
Kaskadennutzung beim Rohstoff Holz
Der natürliche und begrenzte Rohstoff Holz sieht sich einer tendenziell steigenden Nachfrage gegenüber. Derzeit steht das Verhältnis von Angebot und Nachfrage in der deutschen Holzwirtschaft laut Umweltbundesamt gut. Aber auch der globale Markt redet in Sachen Unvorhersehbarkeit immer ein Wörtchen mit. Von der Ökonomie mal abgesehen: Es entspricht heutzutage dem ökologischen Verständnis der meisten Menschen, Ressourcen möglichst effizient zu nutzen. Und sie auch dann nicht zu verschwenden, wenn sie aktuell ausreichend vorhanden sind. Die Realität allerdings sieht oft anders aus. So auch beim Rohstoff Holz: Laut Umweltbundesamt gehen 44 % des aus deutschen Waldflächen geernteten Frischholzes ohne jegliche stoffliche Nutzung zur Energiegewinnung in Rauch auf – hier liegt nicht einmal eine einstufige Kaskadennutzung vor.
Auch wird bei Sanierungsmaßnahmen aufkommendes Altholz oft im nächsten Schritt sogleich entsorgt – dieses Vorgehen entspricht einer einstufigen Kaskade. Im Sinne einer mehrstufigen Kaskadennutzung sollten hingegen möglichst viele stoffliche Verwertungsstufen zwischen der ersten Anwendung und der energetischen Verwertung realisiert werden. Beispielsweise kann das Holz nach einer Aufbereitung ohne Probleme für den hochwertigen Möbelbau eingesetzt werden. Erst als letzte stoffliche Nutzung einer mehrstufigen Kaskade ist die Verarbeitung von Holz mit minderwertiger Qualität zu Sperrholzplatten sinnvoll. Tatsächlich ist die Verarbeitung zu Sperrholz, die direkt nach der Erstnutzung durchgeführt wird, die einzige von der Industrie angewendete mehrstufige Kaskadennutzung. Die Verarbeitung zu Sperrholzplatten kann aber in der Nutzungskette weiter aufgeschoben werden – viel Holz, das als Sperrholzplatte endet, hätte besseres werden können.
Wenn die Kaskadennutzung in Zukunft wirtschaftlich stärker berücksichtigt wird, steht allerdings auch das Management der verschiedenen Energieproduzenten vor Anpassungen. Es nutzt der Umwelt wenig, wenn Ausfälle von Altholz in Biomassekraftwerken gar durch Frischholz oder andere, emissionsintensive Formen der Energiegewinnung kompensiert werden.