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Die Baubiologie und der Klimawandel

Vor etwa 17.000 Jahren ist der Mensch zu einer sesshaften Lebensweise übergegangen, seit 200 Jahren betreibt er die Industrialisierung. Auch im Bausektor entstehen mit jeder neuen Bautechnik weitere Wechselwirkungen zwischen der Gesundheit des Menschen, der Umwelt und dem Wohnen, die oft weitgehend ungeklärt sind. Hinzu kommen die dringenden Herausforderungen des Klimawandels, auf die auch das Bauwesen Antworten formulieren muss. Die Baubiologie ist interdisziplinär aufgestellt und widmet sich diesem Themenkomplex. Dabei zeigt sie laufend Nachhaltigkeits-Potenziale auf.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Baubiologie untersucht die Wechselwirkungen von Gesundheit, Ökosystemen und Gebäuden.
  • Es gibt Baubiologen mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund – z. B. Architektur oder Medizin.
  • Die Baubiologie kann nicht nur Schadstoffquellen im wohnlichen Umfeld identifizieren und so zum individuellen Wohlbefinden sowie zur Gesundheit beitragen – darüber hinaus kann sie einen Beitrag zu den ganz großen Fragen leisten: die Umsetzung der internationalen Klimaschutzziele.

Baubiologie: Geschichte und Bezeichnung

Die Baubiologie geht in Deutschland auf den Arzt Hubert Palm zurück, der in den 1960er Jahren mit einer Reihe von Vorträgen auf sich aufmerksam machte. Die von ihm behandelten Themen zur Wohngesundheit und zum Umweltschutz waren bis dahin in den Diskursen des Bauwesens weitgehend unbedacht geblieben. Sein 1979 erstmals veröffentlichtes Buch “Das gesunde Haus: Unser naher Umweltschutz” gilt als wegweisende Schrift zur Baubiologie und zum ökologischen Bauen. Hier finden Sie weitere Informationen zum ökologischen Bauen.

Die Bezeichnung “Baubiologie” unterliegt hierzulande keinem besonderen Schutz, es kann sich im Grunde jeder als Baubiologe bezeichnen. Auch gibt es keine einheitliche Regelung hinsichtlich der angebotenen Lehrgänge, dennoch gibt es davon eine Reihe qualitativ hochwertiger. In der Regel wird für die angebotenen Lehrgänge ein beruflicher Hintergrund bzw. berufliche Erfahrungen in bauspezifischen Bereichen vorausgesetzt. Das “Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN” beispielsweise, bietet bereits seit 1977 einen staatlich zugelassenen “Fernlehrgang Baubiologie IBN” an (seit 2016 auch in englischer Sprache).

Definition Berufsbild Baubiologe /-in

Baubiologen identifizieren Schadstoffquellen in Wohnräumen und deren Umfeld (z. B. im Boden des Grundstücks). Sie kennen sich mit vielfältigen Ansätzen des ökologischen Bauens  aus und können hierzu sowohl Bauherren als auch Architekten beraten und Haus- bzw. Wohnkonzepte überprüfen oder erstellen. Sie greifen hierbei sowohl auf exakte Wissenschaften als auch auf alternative Herangehensweisen zurück. Im Idealfall begleiten sie die Planungs- und Bauphase und koordinieren das Projekt einer ökologischen und schadstoffarmen Bauweise in allen dafür relevanten Bereichen von Anfang an. Sie führen hierbei selbst Analysen durch oder vermitteln an die richtigen Experten. Geräte zur Messung nach dem Standard der baubiologischen Messtechnik (SBM) sind beispielsweise: Partikelzähler für Schadstoffe und Wohngifte, Messgeräte zur Beurteilung des Raumklimas, Hochfrequenz-Messgeräte zur Ortung elektromagnetischer Wellen. Die Tätigkeit von Baubiologen lässt sich somit mit den folgenden drei Worten zusammenfassen: Beratung, Analyse und Gestaltung. Zu den relevanten Bereichen gehören: regenerative Energien, Energieeffizienz (Heizung/Strom), Photovoltaik, Solarthermie, Lüftungsanlagen, Dämmstoffe und damit verbundene gesundheitliche Risiken, Belastungen durch bedenkliche Baustoffe, Gestaltung mit alternativen ökologischen Baustoffen, Untersuchung von Elektrosmog und elektromagnetischer Strahlungen, Dachbegrünung.

Baubiologen sind aber auch im Bereich der Forschung tätig. Hier sind die Fachbereiche Biologie, Medizin, Chemie, Physik und Architektur zu nennen.

Baubiologie: der ganzheitliche Blick

Im Rahmen der Baubiologie werden die Wechselwirkungen von Menschen, Ökosystemen und Bauwerken untersucht. Es sind hier sowohl die Auswirkung der bebauten Umwelt auf die Gesundheit des Menschen als auch die Auswirkung der Bebauung auf die Umwelt als solcher von Bedeutung. Die untersuchten Aspekte werden als zusammenhängend begriffen: Nicht nur das Wohnen in durch bestimmte Baustoffe belasteten Häusern ist gesundheitsschädlich, sondern auch die allgemeine Belastung der Umwelt durch die Herstellung, Verbauung und Entsorgung bestimmter Baustoffe wirkt auf die Gesundheit des Menschen zurück. Dies geschieht in hochkomplexer Weise. Nur ein ganzheitlicher Blick kann hier zu tieferem Verständnis führen. Die Baubiologie ist interdisziplinär aufgestellt und berücksichtigt psychologische, physiologische, bautechnische, physikalisch-technische und architektonische Aspekte. 

Baubiologie: in Zeiten des Klimawandels wichtiger denn je!

In der praktischen Anwendung steht hauptsächlich die Gesundheit des Menschen im Zentrum der Baubiologie. Sie betrachtet diesen Gegenstand aber nicht isoliert, auch Einflüsse auf die Umwelt (z. B. CO2-Emission) werden optimiert. Die Baubiologie beinhaltet damit neben den konkreten gesundheitsförderlichen Aspekte immer auch eine globale Dimension.

Dass der menschengemachte Klimawandel eine bedrohliche Zukunftsperspektive entwirft, lässt sich eigentlich nicht mehr ernsthaft bestreiten. Es geht bei diesen Phänomenen explizit um die Wechselwirkungen von Mensch und Umwelt. Und dies ist – im Bereich des Bauwesens – genau die Fragestellung der Baubiologie.

Deshalb kann die Baubiologie ihren Teil zur Umsetzung der internationalen Klimaschutzziele beitragen. Denn dafür kommt es ganz besonders darauf an, dass eine Vielzahl regionaler und nachhaltig-regenerativer Ansätze zur Einsparung von CO2-Emissionen entwickelt und umgesetzt werden. Die Baubiologie kann hier helfen, das Optimierungspotenzial von Gebäuden auszuschöpfen. Sie kann aber auch neue Techniken entwickeln und zu optimierende Bereiche aufzeigen. Nicht zuletzt schafft sie für ihren Gegenstand die nötige Aufmerksamkeit. Die Baubiologie beschleunigt so allgemeine Trends hin zu verbesserter Nachhaltigkeit und bietet lokal und regional konkrete Lösungen an.

Fazit

Selbstverständlich interessiert es Bauherren, ob die beim Hausbau verwendeten Baustoffe hinsichtlich des jahrelangen Bewohnens eines Hauses keine gesundheitsschädlichen Aspekte mitsichbringen. Da Baustoffe und Bautechnik sich laufend verändern, können die Anbieter darüber nicht immer gleich stichhaltige Aussagen treffen. Baubiologen können hierfür eine unabhängige Expertise erstellen, nicht nur bei bereits bewohnten Häusern, sondern auch schon während der Planungs- und Bauphase – denn sie verfügen sowohl über das nötige Wissen als auch über entsprechende Messtechniken. Zudem geht die Bedeutung der Baubiologie über solche gesundheitlichen Aspekte hinaus. Denn sie kann auch dazu beitragen, Bauprozesse ökologisch zu optimieren und hilft damit, von der Politik eingegangene internationale Verpflichtungen bezüglich des Klimaschutzes einzuhalten.

Autorin Sarah Völkl

Sarah Völkl hat Architektur studiert und ist seit Jahren das Gesicht von a better place. Mit ihren Videos ist sie bei YouTube vielen Personen schon länger bekannt. Sarah teilt Ihr Wissen jetzt auch bei den Bautipps von Almondia.

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